18.12.2018
Rezension zum Buch - Wörz–Strauß, Hildegard: Und was kommt danach? Begleitbuch bei Tot- und Fehlgeburt







Wörz – Strauß, Hildegard: Und was kommt danach? Begleitbuch bei Tot- und Fehlgeburt, Ernst – Reinhardt Verlag München 2018, 272 Seiten

Beim Lesen des Buches musste ich immer wieder Pausen, die ich zum Nachdenken brauchte, machen.


Der Tod kommt willkürlich wann er will und zu wem er will. Wir haben es nicht in der Hand. Und plötzlich teilt sich die Welt in die Trauernden und die anderen. Denn: „letztlich bleibt der Tod uns fremd, solange der Tod noch keine Lücke in unser eigenes Leben gerissen hat und sich das Fehlen des verstorbenen Menschen nicht auf unseren persönlichen Alltag auswirkt.“ ( S. 20 )
Die daraus oft resultierende Fremdheit in den Beziehungen, den Mangel an Einfühlung und Missverständnisse in der Kommunikation aufzulösen und zu bearbeiten, ist das Anliegen der Autorin. Die Theologin Hildegard Wörz – Strauß ist ausgebildete Klinikseelsorgerin, Trauerbegleiterin und betroffene Mutter. Ihr erstes Kind verlor sie bei der Geburt. Inzwischen ist sie Mutter dreier Kinder. Mit ihrem grafisch sehr ansprechend gestalteten Buch wendet sich die Autorin in erster Linie an betroffene Eltern. Diese Eltern und auch Großeltern werden sehr persönlich angesprochen, kommen selbst zu Wort, ihnen werden Anregungen zum Umgang mit ihrer Trauer gegeben und Übungen angeboten.


Alle, die professionell oder privat verwaiste Eltern auf ihrem Trauerweg begleiten, werden angeregt, über eigene Haltungen zum Leben, eigene Reaktionsmuster, Wertvorstellungen und Erfahrungen zu reflektieren.
Das ist unbedingt notwendig. denn es ist eine Erfahrung von fundamentaler Sinnwidrigkeit, dass ein Kind schon am Beginn seines Lebens sterben muss. Die Suche nach Sinn führt unweigerlich zu Viktor Frankl um Not im Wortsinne zu wenden und Wege zum Weiterleben zu finden. Dabei betrachtet die Autorin das Beziehungsgefüge verwaister Eltern sehr komplex: die Partnerschaft, die Geschwisterkinder und die Eltern der verwaisten Eltern.

Sie geht auf Mehrfachbelastungen, Mehrlingsschwangerschaft und Abbruch von Schwangerschaften ein. Besondere Kapitel sind der Schwangerschaft nach Tot- und/ oder Fehlgeburt sowie der Wirkung des Ereignisses auf
nachgeborene Kinder gewidmet. In diesem Zusammenhang stellt Hildegard Wörz – Strauß die Methode der Familienaufstellung nach Bert Hellinger vor und bezieht sich in ihren Hinweisen zur Gesprächsführung auf die Prinzipien der gewaltfreien Kommunikation nach Marshal Rosenberg. Gerade bei der Klärung von Verstrickungen im Familiensystem, bei der Weitergabe von unbearbeiteter Trauer über einen „inneren Auftrag an das Ersatzkind“ ( S. 216 ) ein wichtiger Ansatz.


Am Ende eines jeden Kapitels finden sich nützliche Hinweise auf weiterführende Literatur, die jeweils mit einer kurzen Inhaltszusammenfassung vorgestellt wird.


Informationen über rechtliche Grundlagen zu den Themen Bestattung und Schwangerschaftsabbruch in der Schweiz, in Österreich sowie in der Bundesrepublik Deutschland runden dieses sehr zu empfehlende Buch ab.

 


Sybille Lenk