02.03.2016
Vom Kabinenglas eines Kampffliegers zum wichtigsten Hilfsmittel in der Prothetik







„Knochenzement besteht weder aus Knochen noch aus Zement, ist aber ein unentbehrlicher, extrem form- und gestaltbarer, wasserfreundlicher und reaktionsträger,  antibiotisch wirkender, extrem harter Kunststoff der in immer mehr medizinischen Fachbereichen Verwendung findet. Aber das wisst ihr ja sicher schon“ So begann der Dozent Herr Schmidt der Firma Heraeus seinen Vortrag über den ersten deutschen Hersteller einer Erfindung, die die Endoprothetik erst ermöglichte und immer noch seinen Nachahmern in der Entwicklung  um Längen voraus ist.

 

Und die Schüler wussten tatsächlich schon einiges über die Lagerung, Aufbereitung und Anwendung von Palacos. Deshalb bezog sich Herr Schmidt in seinen angenehm kurzen, effizienten Vortrag besonders auf die Probleme, die  in der Anwendung entstehen können.

Was kommt zuerst in den Rührbecher, welche Sicherheitsbestimmungen müssen beachtet werden, wann und wie lange kann der Palacos verwendet werden, welche Vorteile bietet das Anrühren unter Vakuum und wie überprüfe ich das Abbinden des Knochenzementes- bei vielen seiner Erklärungen kam es unter den 25 Schülern der Klassen MTA- O 14 und 15 zu Diskussionen auf Grund von eigenen praktischen, nicht immer ganz exakten Erfahrungen. Deshalb waren die praktischen Übungen, wo die meisten Schüler erstmals direkten Kontakt mit dem „unbekannten Medium“ aufnehmen konnten, die Höhepunkte des Projekttages. 

 

In den heimischen OP- Abteilungen dürfen nur erfahrene Kollegen den Zement anrühren um ja nichts der teuren Masse zu verschwenden. Hier gab es die Möglichkeit für jeden Schüler selbst verschiedene Anrührverfahren zu testen, den Zement zu formen, den Vorgang des Abbindens wahrzunehmen und auch klar zu erkennen, wann er nicht mehr verarbeitet werden darf. Das waren in dem Umfang nicht genügend wertzuschätzende Erfahrungen die die Schüler in der Entwicklung der eigenen Fachkompetenz weit voranbrachten.

 

Mich, als den das Projekt  begleitenden Lehrer, beeindruckte besonders die Geschichte der Entstehung des Knochenzementes. Wie so oft in der Medizin liegt wieder eine zufällige Beobachtung der Verwendung eines neuen Materials zu Grunde. Ein von Plexiglas seiner Kampfjetkanzel gespickter Pilot im 2. Weltkrieg zeigte auf diesen tief in sein Gewebe eingedrungenen Kunststoff keinerlei Gewebeabwehrreaktion- der Körper erkannte das Plexiglas nicht als Fremdkörper. Die Wunden verheilten ohne sich zu entzünden. Daraus zog man die richtigen Schlüsse und es entstand ein Verbundwerkstoff, der mit seiner ständigen Weiterentwicklung immer neue Bereiche der Medizin erobert. Mittlerweile kann man über 3D Druckverfahren sogar ganze Knochen originalgetreu bei großflächigen Knochentumorresektionen wieder nachbilden.

 

Hier also nochmals ein großes Dankeschön an die Firma Heraeus für das Bereitstellen der vielen Materialien und im Besonderen an Herr Uwe Schmidt für sein nicht alltägliches Engagement für unsere Schüler, die nun in Zukunft in ihren Kliniken, sicher seinen Ansprüchen entsprechend einen verantwortungsvollen und kompetenten Umgang mit Knochenzementen praktizieren werden.

 

 



Peter Keßler
Berufsverantwortlicher Fachrichtung MTA-O